Der Highway 101 und sein Hinterland (15.08. – 11.09.)

Der erste Tag zurück in unserem Jolly Sprinter bestand eigentlich nur aus Organisatorischem – Koffer auspacken, einkaufen, Wäsche waschen, Bus putzen… Highlight war ein weiterer schöner Abend bei Daniel und Ryanna, von denen wir uns aber leider direkt wieder verabschieden mussten. Vielen Dank nochmal euch beiden, wir hoffen sehr, dass eure Deutschlandreise im nächstes Jahr klappt und wir uns bald wieder sehen!   

Am nächsten Morgen waren wir dann wieder auf der Straße und starteten mit der Umrundung der Olympic Peninsula. Die Fähre brachte uns von Edmonds nach Kingston, von dort aus fuhren wir nach Port Townsend. Nach einem Spaziergang durch die Backsteinhäuser von 1890 und über den hübschen Angelpier picknickten wir im kleinen Stadtpark und fuhren am Nachmittag auf den Highway 101, der eines unserer größten Reisehighlights wurde. Er führte uns die komplette Küste entlang, um die olympische Halbinsel herum, hinab nach Oregon, immer am Meer entlang bis Kalifornien. Wir sahen und erlebten auf diesem Reiseabschnitt so viele schöne Momente, dass wir schon jetzt Pläne für eine weitere Reise in diese Gegend schmiedeten – doch der Reihe nach.

Auf der olympischen Halbinsel fuhren wir auf die Hurricane Ridge, von wo aus wir einen grandiosen Ausblick auf den Mt. Olympus und andere Berggipfel hatten. Leider wurde es dort gegen Abend zu kalt für ein Picknick, das Abendessen verlegten wir deshalb nach Port Angeles, wo wir bei Smuggler’s Landing super lecker aßen bevor wir noch den Angelpier und einen Aussichtsturm am Meer erkundeten. Ein weiteres Highlight der Halbinsel war der Lake Crescent, an dessen Ufer wir uns mit Wraps und Kürbis stärkten bevor wir eine tolle kleine Wanderung durch dichten Urwald zu den Marymere Falls unternahmen. Am wilden und von toten Baumstämmen übersäten Rialto Beach wehte uns die stürmische Meeresbriese um die Nase während wir die mystische Stimmung auf uns wirken ließen, die der wabernde Nebel aufkommen ließ. Hier lernten wir auch Ben aus Zürich kennen, der mit seinem Landrover auf dem Weg nach Feuerland war, und verbrachten einen schönen Abend bei Apfelwein, Pizza und Schweizer Schokolade 😊.

Der aus der Twilight-Triologie bekannte Ort „Forks“ führte uns dann zum „Hoh River Rainforest“, einem seltenen, nicht tropischen Regenwald. Schöne Wanderwege führten uns durch den grünen, feuchten Wald vorbei an riesigen moosbehangenen Bäumen – eine wirklich mystische Szenerie! Washington verabschiedete uns mit einer traumhaften Rest-Area direkt am Meer, an welcher wir beim Abendessen den Seelöwen und beim Frühstück am nächsten Morgen sogar einem riesigen Wal zuschauen konnten, der immer wieder vergnügt aus dem Wasser hinaus sprang und sich mit einem lauten Platschen wieder in den Ozean fallen ließ.

Über die spektakuläre, knapp 7 km lange Astoria-Megler Brücke fuhren wir dann nach Oregon, einer unserer absoluten Lieblingsstaaten. Das wundervolle Örtchen Cannon Beach empfing seine Besucher mit einladenden B&B’s, gemütlichen Restaurants am feinen Sandstrand und dem sehenswerten Haystack-Rock, am Ortsrand lud uns der Ecola State Park zu einer langen Pause am Meer ein. Auf unserer Route gen Süden erwarteten uns tolle Aussichtspunkte, Picknickplätze, Angel-Seen und Strände, die uns immer wieder anhalten ließen. Bei Herons Cheese Factory konnten wir nach einem Einkauf gratis übernachten und Zoé freute sich über Fasane, Ziegen, Schafe und Esel auf dem Grundstück. Das Cape Maeres wartete mit einem Leuchtturm, steilen Klippen und einem „Oktopus-Baum“ auf, das Cape Kiwanda und das Cape Lookout mit so vielen Menschen, das wir schnell wieder flüchteten.

Ende August wartete ein weiteres Highlight auf uns – eine Sonnenfinsternis. Der Versuch einen Schlafplatz genau im Gürtel der totalen Sonnenfinsternis zu bekommen gestaltete sich als deutlich schwieriger als erwartet. Alle Camps waren restlos ausgebucht, Parkbuchten & Co. wurden gesperrt um Verkehrschaos zu vermeiden. Wir fuhren weiter ins Inland, wo findige Farmer ihre Felder als „Solar Eclipse Camps“ zur Verfügung stellten – und sagenhafte 150$ pro Nacht verlangten! Wieder einmal wurden wir bei Walmart fündig – wir hatten eine ruhige Nacht mit einigen weiteren Campern und konnten am nächsten Morgen bei klarer Sicht die Sonnenfinsternis genießen – und das völlig kostenfrei 😊

Portland ließen wir spontan links liegen da es uns mehr nach Natur zu Mute war und machten stattdessen einen Abstecher ins Inland zu den Oregon Cascades, wo wir die Mt. Hood-Loop-Road durch dichte Wälder und vorbei an spektakulären Bergen fuhren. An der Columbia River Gorge war leider so viel los, dass wir von den Wasserfällen und Aussichtspunkten nichts sehen konnten, stattdessen entdeckten wir jedoch einen großen Staudamm mit Fischleiter und –aufzucht, wo wir die Fische unter Wasser durch eine Glasscheibe beobachten konnten, 3m lange Störe sahen und Jan & Zoé gemeinsam riesige Forellen fütterten. Am Air & Space Museum von McMinnville war das Übernachten gratis, wir konnten uns noch einige der Ausstellungsstücke anschauen und spielten lange mit Zoé auf dem großen Flugzeug-Spielplatz – einfach super! Auch das Frühstück am nächsten Morgen bestehend aus French Toast und frischen Beeren im „The Diner“ wusste zu überzeugen.

Zurück an der Küste verbrachten wir 2 tolle Tage in Newport. Das alte Hafenviertel bot laut grunzende Seelöwen, kleine Krabben-Kutter auf dem Meer und einladende Fisch-Restaurants, im South Beach State Park verbrachten wir einmal mehr viel Zeit am Strand.

Besonders bezeichnend für diesen Reiseabschnitt sind auch die vielen kleinen und größeren Bekanntschaften, die wir machten. Fast täglich bekamen wir Reisetipps, Telefonnummern oder Einladungen und immer wieder trafen wir auf andere Langzeitreisende wie beispielsweise Dan und Amy aus Deutschland, die auf dem Weg nach Mexico waren, Bärbel & Jürgen, die 1 Jahr lang mit ihrem Camper die USA bereisten oder ein französisches Rentnerpaar, dass ambitioniert in nur 1 Jahr von Kanadas Osten nach Feuerland fahren möchte. Radfahrer aus Europa radelten den 101 von Washington nach Kalifornien und einmal sahen wir sogar einen Wanderer mit Schubkarre, der von Mexico hinauf nach Kanada marschierte. Gerade diese Begegnungen, Gespräche, Abende oder Einladungen machten unsere Reise zu etwas ganz Besonderem!

Einige Tage später führte uns der Captain Cook Trail an der wilden, stürmischen Küste entlang zu einem wasserspeienden Loch in den Felsen, ein winziges Fischlokal an einem kleinen unscheinbaren Hafen machte den Abend mit fangfrischem Lachs und Weißwein unvergesslich. Eine tolle Nacht verbrachten wir an einem für Womo’s offenen Hafen direkt am Meer, wo Jan angelte und Zoé die Krabbenfänger beobachtete. Ebenfalls sehr gut gefallen hat es uns im Örtchen Bandon, wo wir in einem Krimskrams-Laden am Hafen süße Söckchen für Zoé erstanden und anschließend lange in einem Café saßen und Reisebericht schrieben.

In einem kleinen Örtchen südlich von Port Orford fanden wir einen tollen Übernachtungsplatz auf einer Klippe über dem Meer, am kleinen Hafen gab es sowohl Duschen, als auch ein kleines Seafood-Lokal – was wollten wir mehr?! 😉

Leider endete unsere Reise an Oregons Küste dann recht abrupt, in Golden Beach spielten wir noch am einsamen Strand und beobachteten die vielen Fischerboote, dann zogen plötzlich dicke Rauchschwaden von nahe gelegenen Waldbränden herein. Die Sicht wurde immer schlechter, große Feuerwehrcamps wurden in den Orten errichtet und auch der Geruch wurde immer stärker. So mussten wir die letzten Kilometer bis Kalifornien recht zügig hinter uns bringen. Bilder einer Live-Cam zeigten uns, dass die Sicht am Crater Lake ebenso schlecht war, weshalb wir den 10h-Umweg über das Inland notgedrungen ebenfalls ausfallen ließen. Von anderen Reisenden erfuhren wir dann, dass dies die richtige Entscheidung war – am nächsten Morgen wurde der Nationalpark aufgrund der Brände vorübergehend geschlossen…

Die ersten Tage in Kalifornien (solange wir noch auf dem 101 waren) waren sehr schön, wir verbrachten eine einsame Nacht am Meer mit schönem Sonnenuntergang, sahen Elchherden und wanderten durch die beeindruckenden, riesigen Redwoods, die bis zu 90m hoch und an die 1.500 Jahre alt waren. In Trinidad verbrachten wir Stunden in einem wundervollen Bio-Café mit einer Kinder-Spielküche, von der wir Zoé kaum noch losreissen konnten. Für uns gab es Pesto-Tomate-Mozzarella-Paninis, Schoko-Ingwer-Blaubeer-Muffins und hausgemachte Limonade – super lecker! Am Eel-River parkten wir direkt am Rande des Fluss-Bettes wo wir einen tollen Abend verbrachten und Jan sogar baden gehen konnte. Am nächsten Morgen fuhren wir die Avenue of the Giants, eine wunderschöne Scenic-Road, durch riesig hohe Redwood-Wälder bis ins Örtchen Redway. Hier war es mit knapp 40 Grad aber so heiß, dass wir uns auf den Weg zur Küste machten um das schöne Wetter zum Baden zu nutzen. Leider änderte sich das Wetter nirgendwo auf der Welt so schnell wie in Kalifornien – nach nur 1 Stunde Fahrt kamen wir an der Küste am obersten Ende des berühmten Highway 1 an und es hatte auf 15 Grad abgekühlt. Die Küste bei Fort Bragg lag so dick im Nebel, dass wir die Hand vor Augen kaum sehen konnten und auch der Meerblick von unserem Übernachtungsplatz auf den Klippen hielt sich in Grenzen… Der Highway 1 führte uns weiter nach Mendocino, ein süßes Örtchen mit steilen Klippen am wild brandenden Meer. Am Nachmittag klarte die Sicht endlich auf und wir konnten die tollen Ausblicke an der Sonoma Coast auf Felsbögen und Höhlen genießen, zum Baden war es jedoch definitiv viel zu kalt. Wir kreuzten das Örtchen Bodega Bay, wo Hitchcock seine „Vögel“ drehte und steuerten dann das Duran Regional Camp an, wo wir zwar einen traumhaften Platz mit Sandstrand direkt am Meer bekamen, wir aufgrund des starken Sturmes aber nur einen kurzen Spaziergang machen konnten und den Rest des Tages drinnen verbringen mussten. Auch das restliche Stück des Highway 1 nördlich von San Francisco war eine Enttäuschung, es gab kaum etwas zu sehen, die Örtchen waren recht trist und nichts sagend und hinzu kamen abwechselnd dichter Nebel oder starker Wind. Und teuer war es – egal ob Sprit, Lebensmittel oder Campingplätze – in Kalifornien war alles teurer als in den umliegenden Staaten. Im Point Reyes National Seashore gab es einen spannenden Wanderweg an der San Andreas Verwerfung entlang, der auch über das verheerende Erdbeben 1906 in San Francisco informierte. Anschließend steuerten wir aufgrund des sonnigen Wetters die Strände des Nationalparks an, diese lagen jedoch einmal mehr im kalten Küstennebel. Wir gönnten uns stattdessen eine lange Mittagspause unter den Olivenbäumen eines kleinen Bio-Feinkostladens bevor wir zu den Marine Headlands aufbrachen. Von hier aus hatten wir die ersten spektakulären Ausblicke auf San Francisco und die Golden Gate Bridge, die sich in schönstem Sonnenlicht zeigte.

Wir verbrachten vorerst 5 Tage in der Gegend; morgens frühstückten wir immer an einer Picknickbank am Meer im Fort Baker Recreational Park, wo die Seehunde vor uns im Wasser herum sprangen, und die Nächte verbrachten wir auf einer gratis Rest Area direkt an der Nordseite der Brücke mit traumhaftem Blick auf die glitzernde Stadt. Am Hafen gab es zentrumsnahe gratis Parkplätze und die Abende verbrachten wir am liebsten am Crissy Beach, wo wir den Kite-Surfern zuschauten, picknickten und aufgrund der extrem heißen Temperaturen sogar bei Sonnenuntergang unter der Golden Gate Bridge schwimmen konnten. Wir erkundeten zuerst die Highlights der Stadt, den Hafen, Fort Mason, die Fisherman’s Wharft und die Lombard Street. Die steilen Straßen führten uns durch die Pizzerien von Little Italy bis ins Chinatown. Hier ließen wir für wenig Geld Tatj’s iPhone reparieren, gönnten uns einen Friseuerbesuch und aßen zu Mittag – was alles garnicht so einfach war weil hier tatsächlich niemand auch nur ein Wort englisch sprach! Ein anderes Mal beobachteten wir am Pier 39 die Seelöwen und spazierten dann zum Ferry Building, wo wir uns leckere Ruccola-Brie-Chutney-Baguettes und Mandel-Croissants kauften und diese gemütlich im Stadtpark verspeißten. An einem Tag flüchteten wir vor der großen Hitze nach Petaluma, shoppten hier in den Premium Outlets und aßen bei Applebee’s zu Abend. Ein anderes Mal fuhren wir sogar zum Point Reyes National Lakeshore zurück, wo es diesmal zwar keine 15 Grad kühl waren, aber doch angenehmer als in der kochend heißen Stadt.

Nachdem wir endlich den Labor Day hinter uns gebracht hatten und die Nebensaison offiziell begonnen hatte, machten wir uns auf den Weg zum Lake Tahoe an der Grenze zu Nevada. In Dixon fing Tatj sich in nur einer Nacht 80 Schnakenstiche ein (Zoé hatte 0 und Jan 1) und wir beobachteten schockiert die langen Staus auf der Gegenfahrbahn, in den sich die Labor-Day-Weekend-Urlauber und die verstaubten Fahrzeuge der Burning-Man-Festival-Besucher einreihten. Auf unserer Seite kamen wir jedoch gut durch und schon bald erreichten wir den Fallen Leaf Campground im Wald an einem kleinen See gelegen, wo wir einen ruhigen entspannten Tag bei angenehm warmen Temperaturen verbrachten. Die Umrundung des Lake Tahoe war an sich eher eine Enttäuschung weil fast das gesamte Ufer Privatgelände war, wir verbrachten aber 2 weitere tolle Tage auf einem Campground am Westufer bei bestem Wetter, badeten im glasklaren See und hatten eine schöne Zeit mit unseren Platznachbarn Lisa und Marc aus Kalifornien. Lange spielten wir Mädels am Strand während die beiden Männer auf Stand-Up-Paddelboards über den See schipperten.

Nächster Stop war Reno, das auch das „Klein Las Vegas“ genannt wird. Im Circus Circus hatten wir ein großes, gemütliches Zimmer und im benachbarten El Dorado genossen wir eines der besten (und günstigsten) Abend-Buffets, das wir je hatten. Das Hotel hatte sogar eine Arcade-Area, wo kleine Kinder verschiedene Jahrmarktspiele spielen und die gewonnenen Coupons in Spielsachen eintauschen konnten, zusätzlich gab es Zirkusaufführungen. Später am Abend schlief Zoé ruhig und gut im Hotelbett, Tatj konnte etwas lesen und Jan gewann 25$ an den Automaten 😊

Im Carson Valley Inn Hotel & Casino hatten wir ein schönes Schwimmbad, eine Sonnenterrasse mit Liegen und diesmal gewann Tatj 16$ am Automaten 😊

Für die Rückfahrt nach San Francisco ließen wir uns 2 Tage Zeit und wieder einmal überraschte uns das Wetter – eben waren es noch 33 Grad, 20 Minuten später erreichten wir unseren Picknickplatz in San Francisco und sahen die Golden Gate Bridge das erste Mal im Nebel. Zwei weitere Tage in San Francisco lagen nun vor uns. Highlight des ersten Tages war eine Tour nach Alcatraz. Per Boot erreichten wir die nur 2 Km vom Festland entfernte Insel (und sahen dabei endlich die ersten Delphine der Reise), auf welcher wir eine spannende Audio-Tour durch die Gefängniszellen machten, einen Infofilm sahen und über das gesamte Gelände schlenderten. Nervig war nur der Gestank, den die hier heimische Möwenkolonie verursachte… Highlight des zweiten Tages war das Wiedersehen mit Tatj’s Eltern, mit denen wir die nächsten 3 Wochen verbringen würden. Es wurde ein schöner letzter Tag in San Francisco, wir schlenderten lange über den Pier 39, spielten an den Automaten des Mechanique Museums, unternahmen eine Bootsfahrt an der Bayfront entlang und spielten mit Zoé am Strand. Der Abstecher von Arno und Jan zur Lombard Street wurde von einem Fernsehteam jäh unterbunden. Den Abend beenden wir in einem schönen Fischlokal an der Fisherman’s Wharf bevor wir eine letzte Nacht auf unserer Rest-Area verbrachten und uns von einem einsetzenden Gewitter ordentlich durchschütteln ließen.