Der Klassiker – von San Francisco nach Las Vegas (12.09.-02.10.)
Am nächsten Morgen verließen wir San Francisco über die Baybridge und holten das Miet-Wohnmobil von Arno & Ulla ab. Das gemeinsame Reisen hat prima geklappt und viel Spaß gemacht, man muss einfach nur bedenken, dass man mit mehreren Personen zwangsläufig langsamer unterwegs ist und sollte dementsprechend etwas weniger Fahrstrecke als sonst einplanen. Was das Wohnmobil-Mieten in den USA angeht können wir leider nur raten, vom Vermieter „El Monte“ die Finger zu lassen…
Nach einem Deli-Frühstück und einem Großeinkauf fuhren wir zu den San Francisco Premium Outlets, die zwar eine gute Auswahl an Läden, aber keine besonders spektakulären Angebote für uns hatten. Unsere erste Camping-Nacht zu fünft verbrachten wir im Del Valle Regional Park, wo wir zwei rießige Plätze an einem ausgetrockneten Flussbett bekamen. Rehe grasten auf dem Platz, Hörnchen und Truthähne liefen umher und es wurde ein schöner Abend gefolgt von einer himmlisch ruhigen Nacht in der Natur. Nächstes Ziel war der Yosemite Nationalpark, wo wir zwei Nächte auf dem Crane Flat Campground mitten im Pinienwald verbrachten. Besonders schön waren die langen Abende am Lagerfeuer, als Zoé bereits schlief. Der Park an sich hat uns leider etwas enttäuscht. Die Sicht von den Aussichtspunkten hinab auf das Yosemite Valley war aufgrund nahe gelegener Waldbrände etwas getrübt, einige Teile des Parks waren wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen und die Yosemite Falls, die höchsten Wasserfälle der USA, waren um diese Jahreszeit nicht mehr als ein dünnes Rinnsal. Die beiden kurzen Wanderungen zu den Bridalveil und etwas später zu den Vernal Falls waren auch keine nennenswerten Highlights. Am schönsten war unsere ausgedehnte Mittagspause am Ufer eines klaren Gebirgsbaches, wo wir die Nasen in die Sonnen streckten, den grandiosen Ausblick auf die umliegenden Berge genossen, leckere Wraps verputzten und mit Zoé die Enten fütterten. Der berühmte Tioga-Pass hatte ausnahmsweise mal geöffnet und so beschlossen wir ihn zu fahren, auch wenn das eigentlich nicht unsere geplante Richtung war. Leider stellte auch dies kein Highlight dar, wir sind auf dieser Reise schon deutlich schönere Pässe wie beispielsweise den Beartooth-Highway gefahren. Das kleine Visitor Center stellte ein paar ausgestopfte Tiere aus und es gab 2,3 nette Aussichtspunkte. Höhepunkt war auch hier unsere Mittagspause im Sonnenschein am Ufer des Tenaya Lakes, in welchem Jan nicht nur angeln, sondern sogar baden konnte. Über den Südausgang verließen wir den Nationalpark und fuhren nach Oakhurst, wo wir eine weitere Nacht im Yosemite-Gebiet eingeplant hatten. Unterwegs kreuzten wir den kleinen Ort Fish Camp, in welchem bis vor wenigen Tagen noch die Waldbrände wüteten; alles um uns herum war schwarz verkokelt und es stank gewaltig – einfach schrecklich für die armen Anwohner :(.
Im High Sierra RV Park ergatterten wir wieder zwei schöne große Plätze nebeneinander direkt am Fluss, wo Zoé im Sand spielte und Jan einmal mehr baden gehen konnte. Im Kings Canyon Nationalpark bestaunten wir schwer beeindruckt den 2. höchsten Baum der Welt und fuhren anschließend eine wirklich tolle Scenic Road in den Canyon hinab, in welchem uns eine weitere schöne Campingnacht im Wald an einem Fluss erwartete. Auch der Hume Lake, an dessen Ufer wir schön mit Zoé spielten, hat uns sehr gut gefallen. Leider war die Weiterfahrt in den Sequoia Nationalpark aufgrund einer Baustelle für Fahrzeuge über 22ft Länge gesperrt, weshalb meine Eltern mit ihrem Mietmobil nicht hindurchfahren konnten. Somit mussten wir unsere Reservierung im Sequoia Park leider verfallen lassen und machten uns direkt auf den Weg zur Küste – zum Glück hatten wir weiter im Norden schon beeindruckende Redwoods bestaunen können! Die Fahrt an die Küste zog sich ziemlich in die Länge und führte uns durch karges, trockenes Hinterland, etwas später fuhren wir durch Weinreben und riesige Obstplantagen. Immer wieder waren am Straßenrand Protest-Plakate gegen die in Kalifornien übliche Wasserreduktion zu sehen, insbesondere die Farmer hatten sehr darunter zu leiden. Eine witzige Tradingpost mit allerlei Krims-Krams lud zu einer kurzweiligen Mittagspause ein bevor wir schließlich die Küste erreichten und wieder auf den Highway 1 trafen. Leider lag dieser auch diesmal im dichten Küstennebel… Wir fuhren zuerst ein Stück gen Norden zum Point Piedras Blancas, wo wir eine große Kolonie Seeelefanten beobachten konnten. Der weitere Weg nach Norden war leider gesperrt weil der Highway 1 gerade an zwei Stellen erneuert wurde. So machten wir uns auf zum Hearst Castle, was uns jedoch überhaupt nicht überzeugen konnte. Zum Glück löste sich am Mittag der Nebel auf und wir konnten im Örtchen Cayucos eine traumhafte Mittagspause in einem Fischlokal am Meer genießen. Beim anschließenden Spaziergang über den Angelpier konnten wir Wale, Seehunde, Delfine und Pelikane beobachten – es war ordentlich was los auf dem Meer J
In Morro Bay unternahmen wir zuerst einen Spaziergang am Strand entlang und liefen anschließend in das süße Örtchen, wo wir durch viele niedliche Süßigkeiten- und Souvenirlädchen bummelten. Im Meer konnten wir Otter beobachten. Am nächsten Morgen fuhren wir durch den Morro Bay State Park und den Montana de Oro State Park mit wilden Klippen und einer tollen Aussicht auf’s Meer. In Avila Beach konnten wir vom Angelpier wieder Delfine, Seehunde und viele Vögel beobachteten, an der Avila Valley Barn Farm fütterte Zoé zwischen der herbstlichen Kürbis-Stroh-Deko die Ziegen. Nächster Halt war Pismo Beach, wo wir einmal mehr die Strandpromenade entlang schlenderten bevor wir uns leckere Pulled Pork Burger in einem Strandlokal schmecken ließen. Durch die Sanddünen von Guadalupe ging es anschließend nach Solvang, ein kleines von dänischen Einwanderern gegründetes Dorf, in dem man noch heute an jeder Ecke den nordischen Einfluss spürte. Lange spazierten wir durch die Windmühlen und Bäckereien des Örtchens bevor wir im Refugio State Beach direkt am Meer eincheckten. Für sehr viel Geld bekamen wir hier einen Platz am Meer – allerdings auch nicht mehr. Immerhin Zoé freute es, dass wir noch mit ihr im Sand spielen konnten.
Durch die schicken Orte Santa Barbara und Malibu ging es dann weiter gen Süden nach San Diego. Die ersten 48 Stunden hier ließen sich leider garnicht gut an – nachdem wir schon auf dem Hinweg um LA herum stundenlang im Stau standen bekam Arno dann auch noch innerhalb kürzester Zeit 2 Strafzettel über jeweils 60$ für Vergehen, derer wir uns absolut nicht bewusst waren. Einmal parkte er ordnungsgemäß auf einem kostenpflichtigen Parkplatz und hatte sich auch ein Ticket gezogen, da bekam er einen Strafzettel weil er auf einen anderen Platz über stand (was sich mit einem 26ft Womo kaum vermeiden ließ). Am nächsten Tag parkte er vor unserem AirBnB auf der leicht abschüssigen Straße und bekam einen Strafzettel, weil die Reifen nicht nach Innen eingeschlagen waren… mehr als ärgerlich 😩. Auch unser AirBnB überzeugte nicht ganz so sehr wie sonst. Nichts desto trotz nutzten wir die Tage zum Wäsche machen, chillen und lesen. Einmal spazierten wir zum Old Town, naschten Tortilla mit Zoé und schlenderten durch die alten Bauten und Souvenirläden. Am nächsten Tag liefen wir zum Hafen, schauten uns die Museumsschiffe und den USS Midway Flugzeugträger an und liefen dann ins Seaport-Village. Im Gaslamp Quarter gab es anschließend leckeres mexikanisches Essen und ein halbes Stündchen im Whirlpool rundete unseren San Diego Besuch ab. Zusammenfassend hat uns der Highway 1 sowohl im nördlichen Teil über San Francisco als auch hier im Süden nicht besonders gefallen – garkein Vergleich zur traumhaft unbebauten Oregon Coast!
Der Joshua Tree Nationalpark gefiel uns jedoch genauso gut wie vor einigen Jahren. Die Felsen des Indian Cove Campgrounds luden zum klettern ein, am Abend warfen wir den Grill an und saßen anschließend noch lange unter dem beeindruckend klaren Sternenhimmel. Die zweite Nacht verbrachten wir unter Joshua Trees mitten im Park, schauten uns den Cholla Cactus Garden an und beendeten den Tag mit einem Lagerfeuer. Am nächsten Morgen tauchten wir in die einsame Wüstenlandschaft von Arizona ein. Verlassene Tankstellen, Wild-Western-Städtchen, kultige Diner und Ghosttowns – an jeder Ecke gab es etwas zu entdecken. In Bullhead City buchten wir uns für 2 Tage im Camp Davis direkt am feinsandigen Colorado River ein, um hier Zoé’s Geburtstag zu feiern. Es gab Kuchen, Girlanden, Luftballons und Geschenke, tagsüber spielten wir alle zusammen mit ihr am Strand und im Wasser und am Abend gab es in der nur 5 Minuten entfernten Spielerstadt Laughlin ein Buffet im Tropicana Hotel – happy Birthday kleiner Krümel!
Auf unserer Fahrt in den Grand Canyon kühlte es von 35 Grad immer weiter herunter, bis wir plötzlich für kurze Zeit im Schnee standen. Wir unternahmen trotzdem einen ausgiebigen Spaziergang zum Canyon, liefen ein Stück den Rim entlang und genossen die faszinierenden Ausblicke. Über die historische Route 66 ging es dann langsam zurück nach Westen. Wir fuhren durch Williams und Seligman, wo wir begeistert die alten Autos und Läden fotografierten und in einem Diner Quesadillas aßen. Auch der Hackberry General Store bot tolle Fotomotive mitten in der kargen Wüste. In Kingman verschlug es uns wie bereits vor 4 Jahren zu Mr. D’z Diner mit seinem authentischen schwarz-weißen Kachelboden und den neonpinknen Plastikstühlen. In Oatman schlenderten wir lange durch die kleinen Holzlädchen, schauten einer nachgestellten Western-Schießerei zu, tranken einen Kaffee und streichelten die herumlaufenden Eselchen. Unsere letzte Campingnacht zu fünft verbrachten wir am Lake Mead, natürlich besichtigten wir auch den 220m hohen Hoover Dam, der die Grenze zwischen Arizona und Nevada darstellt. Dann fuhren wir nach Las Vegas, gaben den Miet-Camper ab und checkten in einem günstigen Motel nahe dem MGM Grand ein. Überraschenderweise zog Las Vegas sogar Arno und Ulla in seinen Bann und so spazierten wir den Strip bis zum Mirage hinauf, schauten uns das MGM und das Paris Paris von innen an, verzockten ein paar Dollar am Automaten, schlenderten durch die riesige M&M World und gönnten uns im Mirage ein großartiges Buffet mit frischem Seafood, inkludiertem Wein und grandiosen Desserts. Zoé schlief danach vollgefuttert in ihrem Buggy ein und so konnten wir uns noch in Ruhe die Fontänen vor dem Bellagio anschauen und am New York Hotel noch einen Absacker trinken. Am nächsten Morgen gab es noch einen Spaziergang zum Luxor und Excalibur bevor wir Arno und Ulla zum Flughafen brachten und uns leider schon wieder verabschieden mussten.
Wieder zu Dritt beschlossen wir noch 2 weitere Nächte in Las Vegas zu verbringen und wechselten in das Tuscany Suites Casino Hotel. Nach einer kurzen Spazierfahrt zu Bonanzas Giftshop, vorbei am Las Vegas Sign und dem Route 91 Festival-Gelände, unternahmen wir am Abend noch einen Spaziergang zum neuen Viertel LINQ, Jan verzockte unsere gesamten Gewinne aus den letzten Casinobesuchen und um 22 Uhr löschten wir das Licht. Es war der 01.10.2017, nur wenige Blocks neben unserem Hotel ereignete sich in dieser Nacht die schwerste Massen-Schießerei der US-Geschichte mit 60 Toten und über 500 Verletzten, und wir bekamen absolut nichts davon mit. Es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass so viele Menschen direkt neben uns um ihr Leben kämpften und wir einfach ruhig geschlafen haben, automatisch macht man sich Vorwürfe, ob wir nicht irgendwie hätten helfen können, zum Beispiel indem wir Verletzte ins Krankenhaus gefahren hätten. Doch wir bekamen nichts mit von den Sirenen, Straßensperrungen, Flughafenschließungen, Casino-Evakuierungen und Polizeieinsätzen, erst durch die vielen Whatsapp’s am nächsten Morgen auf unserem Handy erfuhren wir von den Ereignissen. Auch der Tag danach verlief erschreckend normal in der Stadt, wir frühstückten das super leckere Frühstücksbuffet im Planet Hollywood, schauten uns die Tiere im „Flamingos“ an, planschten am Hotel-Pool und schlemmten am Abend das fantastische Dinner-Buffet im Stratosphere Tower. Die Automaten klimperten, die Sonne schien – alles war auf den ersten Blick wie immer. Erst bei genauerem Hinsehen sah man die Flaggen auf Halbmast wehen, erkannte man die „Pray for Las Vegas“-Banner und nahm die „Show entfällt heute“-Schilder wahr. Wir sind unglaublich dankbar, dass der Flieger von Arno und Ulla bereits in der Luft war und wir an diesem Abend beschlossen hatten, etwas früher zu Bett zu gehen und unserer kleinen Zoé nichts passiert ist. Vergessen werden wir diesen Tag jedoch, wie viele andere auch, nie.