Die großen Seen (28.05.-12.06.)
5 Seen – 5 rießige Seen, die wie endlose Meere wirken, wenn man an ihren Ufern steht. 20% der weltweiten Süßwasservorräte sind in ihnen gespeichert - und 95% der amerikanischen. Kaum zu glauben bei der enormen Anzahl weiterer Seen, die über das gesamte Land verstreut sind…
Wir starteten unsere „Great Lakes Erkundungstour“ am Erie-See und fuhren dessen Küste immer gen Süden, dem Scenic-Seaway-Trail folgend, entlang. Unzählige Parks, Spielplätze, Grill- und Picknickmöglichkeiten säumten dessen Ufer und luden Tag für Tag zu ausgedehnten Mittagspausen-Picknicks ein. Auf „Sara’s Campground“ verbrachten wir 3 Nächte, wuschen unsere Wäsche, führten kleinere Fahrzeugreparaturen durch, sicherten Fotos und ließen uns nicht nur einmal die tollen Curly-Fries aus „Sara’s Diner“ schmecken.
Cleveland hat uns mit seinen hippen Bars und ausgefallenen Läden sehr gut gefallen, in der „Westside Market Hall“ konnten wir unseren Kühlschrank mit leckeren Bio-Produkten füllen. Einen schönen Abend mit netten Menschen verlebten wir auf dem heruntergekommenen „Wa-Hoo“ Campground, der eigentlich eher einem Schrottplatz glich. Wir plauderten lange mit Terry, Greg und Susann, die hier auf dem Platz lebten. Für uns war es schon ziemlich erschreckend zu hören, dass wir die ersten Ausländer waren, die sie kennenlernten und dass sie noch nichts von ihrem Heimatland, geschweige denn dem Rest der Welt, gesehen hatten, nicht einmal die nahe gelegenen Niagarafälle…
Im Örtchen Sundusky schlenderten wir über das „Ohio Motorbike Festival“ bevor wir im Maumee Bay State Park wieder 2 besonders schöne Nächte verbrachten. Wir spazierten um einen kleinen See, aalten uns in der Sonne und sahen viele Tiere auf dem Platz wie Rehe, Kaninchen, Schmetterlinge, Schlangen und am Abend Glühwürmchen, die um unser Lagerfeuer herum tanzten.
Absolutes Highlight der großen Seen war der Staat Michigan, der sich nun mit Virginia aus dem ersten Reiseabschnitt die vordersten Plätze unserer Staaten-Hitliste teilt. Die Menschen waren noch eine Spur offener und freundlicher, der Verkehr noch einen Ticken entspannter und die Landschaft atemberaubend – ein echtes Naturparadies, perfekt für einen Familienurlaub. Und dazu gibt es hier noch mehr Sandstrände als an der Atlantikküste – was will man mehr?!
Natürlich warfen wir auch einen Blick auf die größte Stadt des Staats, auf das von Wirtschaftskrisen und maroder Automobilindustrie gebeutelte Detroit. Mehr als 80.000 leerstehende Häuser und einige spektakuläre Ruinen wie die ehemalige Michigan Central Station oder das riesige ehemalige Firmengelände von „Packard Auto Plant“ zeugten von der schlechten finanziellen Situation der Stadt. An einigen Ecken bildeten sich gerade neue Hipster-Viertel und immer mehr Menschen nutzten die billigen Mieten um sich mit kreativen Start-Ups selbstständig zu machen, doch in der Summe fühlten wir uns nicht ganz wohl in der Stadt. Viel besser hat es uns dagegen in Grand Rapids gefallen, entgegen der üblichen US-Tradition boten einige Pubs schöne Terrassen und Biergärten an und wir verlebten einen tollen Abend bei Burger und Pommes :-).
Das nächste Highlight erwartete uns am Lake Michigan – der Ludington State Park. Hier ergatterten wir einen wunderschönen Stellplatz direkt am See unter Pinien gelegen, Jan paddelte mehrere Stunden mit seinem Kajak über das große Netz an zusammenhängenden Seen und Tatj ging lange mit Zoé an den Ufern spazieren. Bei einer tollen Wanderung um einen der Seen beobachteten wir Rehe und andere Tiere und im Campstore gab es fantastisches „Strawberry-Cheesecake“ und „Cookie-Cream“ Eis – ein wirklich toller State Park!
Im „Sleeping Bear Dunes National Lakeshore” hatten wir vom Scenic Drive aus tolle Ausblicke auf den türkisblauen Lake Michigan und die goldenen Sanddünen, der einfache Campground bot ein verstecktes Plätzchen im Wald, wo wir es uns einmal mehr am Lagerfeuer gemütlich machten. Nur wenige Kilometer weiter nördlich erwartete uns mit dem kleinen Örtchen Leland schon das nächste Highlight, lange schlenderten wir durch das „Old Fishtown“, aßen leckere Pita-Sandwiches und erstanden schöne Souvenirs. Auf unserer Fahrt die Küste entlang kamen wir immer wieder an großen Farmen mit Verkaufsständen vorbei, wo wir uns mit frischen Köstlichkeiten eindeckten, insbesondere der selbstgemachte Honig und der fluffige Karottenkuchen sind uns in Erinnerung geblieben. Für Jan boten die großen Seen immer wieder tolle Angelmöglichkeiten, nicht nur einmal saß er bei Sonnenuntergang mit seiner Angel auf einem Steg und ließ die Füße ins Wasser baumeln.
Der Norden von „Lower Peninsula“, wie sich der bekanntere untere Teil Michigans nennt, punktete mit gratis Campingplätzen im „Wilderness State Park“ und dem „Tunnel of Trees“, der seinem Namen alle Ehre machte und uns in einem grünen Bogen am Klippenrand gen Norden führte. Die beeindruckende „Mackinac-Bridge“ führte uns schließlich über die See-Enge zwischen dem Lake Huron und dem Lake Michigan nach „Upper Peninsula“, dem einsamen, untouristischen und nur dünn besiedelten Teil Michigans. Endlose Wälder, große Farmen, kleine Dörfer und nur wenig geteerte Straßen – uns gefiel es hier sehr gut ;-).
In Sault Ste Marie konnten wir bis zu 330m lange Schiffe beobachten, wie sie die 7m Höhenunterschied zwischen dem Lake Huron und dem Lake Superior schleusten. Anschließend schlenderten wir durch den Stadtpark, entdeckten einen niedlichen Popcorn-Laden mit ausgefallenen Sorten und verbrachten eine unvergessliche Mittagspause im „Lock View Restaurant“ bei fangfrischem Fisch, krossen Pommes und eisgekühltem Weißwein.
Der „Tahquamenon Falls State Park“ konnte uns trotz seiner schönen, 60m breiten und 15m hohen, teefarbenen Wasserfälle, die ihre ausgefallene Farbe von den Nadeln der Hemlocktannen bekamen, nicht von sich überzeugen. Die enorme Mosquito-Plage in dieser Gegend spielte dabei sicherlich eine nicht unerhebliche Rolle…
Eine 1,5-stündige, abenteuerliche Offroad-Piste quer durch den Wald mit Tiefsand, Matsch und Wasserdurchfahrten führte uns am nächsten Morgen in das Örtchen Grand Marais und brachte unseren Jolly Sprinter dabei fast an seine Grenzen… In Marais (das „Grand“ im Namen ist hier absolut irreführend) gab es eine Tanke mit kleinem Supermarkt, einen Foodtruck und eine Picknickbank am See. Einer entspannten Pause nach der nervenaufreibenden Fahrt stand somit nichts im Wege. Frisch gestärkt ging es dann weiter zum „Pictured Rocks National Lakeshore“. Dieser wunderschöne Park hat so viel zu bieten, dass man hier gut und gerne eine ganze Woche verbringen könnte. Tolle Picknick-Möglichkeiten und schöne Wanderwege zu Wasserfällen, Felsenhöhlen oder an die breiten Sandstrände, wo Zoé lange mit den großen, bunten Steinen spielte, unterbrachen den lohnenden Scenic-Drive immer wieder angenehm. Von den Aussichtspunkten hatte man einen tollen Blick auf die goldenen Sanddünen, die bis ans türkisblaue Wasser reichten. Der Campingplatz lag direkt am Strand, wo wir am Abend bei leckeren Wraps mit selbstgemachter Guacamole einen tollen Sonnenuntergang über dem Lake Superior erlebten.
Im angrenzenden Örtchen Munising entdeckten wir beim Bummel über ein kleines Hafenfest das „Falling Rock Café“ – ein toller, schrulliger Laden mit wechselnder Live-Music, Regalen voller Bücher und Gesellschaftsspielen, leckeren Fisch-Bagels und handgemachter Eiscreme. Der Hobby-Bootsanleger am Ortsende hatte einen kleinen Strand, einen Picknickplatz und einen Angelsteg – einer ruhigen Nacht hier stand somit nichts im Wege.
In den nächsten Tagen unternahmen wir eine Glasbodenboot-Tour über Schiffswracks und ließen uns in „Wageners German Café“ Jägerschnitzel mit Spätzle schmecken. Mit Zoé klappte weiterhin alles prima, es war wundervoll so viel Zeit mit ihr verbringen zu können und vorallem Jan war glücklich bei ihren ersten Sitz-, Sprech- und Stehversuchen dabei zu sein.
Mitte Juni entschieden wir uns schweren Herzen die Großen Seen zu verlassen und den 700 Km Schlenker über Milwaukee und Chicago auszulassen. Wir hatten für unsere Reise zwar keinen festen Zeitplan, hatten uns jedoch für das halbe Jahr 5 grobe Marker gesetzt wann wir in etwa wo sein müssen, damit wir es auch rechtzeitig zu unseren Verabredungen schaffen würden. Dem ersten Marker hinkten wir bereits jetzt ordentlich hinterher; so drehten wir Richtung Westen bei und enterten die „Great Plains“.