Albanien (22.10.2018 – 03.11.2018)

Vor dieser Reise hatten wir von Albanien ehrlich gesagt garkein Bild – weder ein Negatives, noch ein Positives. Ein weißer Fleck auf der Landkarte, ein Land irgendwo „da unten“, von welchem wir praktisch garnichts wussten. Während unserer Reise Richtung Süden entwickelte es sich bei den abendlichen Gesprächen mit anderen Reisenden jedoch schnell zum Top-Thema Nummer 1. „Da muss man schonmal gewesen sein, wenn man abseits der ausgetretenen Touristenpfade wandern will“ war so ziemlich das Netteste was wir hörten. Ansonsten klang das eher so: „Die Straßen sind die schlimmsten unseres Kontinents, vieles ist ohne Allrad nicht machbar. Und der Verkehr erst – mörderisch! Geht vorher gut einkaufen, dort gibt es praktisch keine Supermärkte. Wenn ihr auf der Küstenstraße bleibt, seid ihr in 2 Tagen durch und wieder in der Zivilisation. Macht euch aber auf den Kulturschock gefasst und bereitet euch auf die Armut vor. Geht nochmal tanken zuvor, der Diesel ist total verseucht. Und passt auf selbstgebaute Speedbumps auf.“ Fast täglich hörten wir solche Sätze und befolgten alle Ratschläge brav. Dann fuhren wir zur Grenze, waren nach 2 Minuten problemlos eingereist und harrten gespannt der Dinge, die da kommen würden. Und was sollen wir sagen – keine Ahnung wo die alle waren, ganz offensichtlich aber in einem anderen Albanien wie wir! Wir sind von Nord nach Süd und von West nach Ost kreuz und quer durch’s Land gefahren, waren in den Bergen und an der Küste, in Städten und auf dem Land. Wie schon in den Ländern zuvor waren die Menschen unglaublich freundlich und hilfsbereit und praktisch jeder sprach ein paar Brocken Englisch – auch die Dame an der Wursttheke. Eingekauft haben wir seit Kroatien nicht mehr so gut – die deutsche Supermarktkette Spar ist flächendeckend vertreten, daneben finden sich unzählige kleinere, aber gut sortierte Supermärkte an jeder Ecke. Frisches Obst, knuspriges Brot, sogar Spreewaldgurken und Cornflakes – für Drogerieartikel gingen wir zu Rossmann, der ebenfalls in Albanien vertreten ist. Seit Ewigkeiten bekam Zoé endlich wieder mal ihre Frucht-Quetschies – Einkaufen in Albanien war wirklich überhaupt kein Thema! Die Straßen waren zu 90% frisch geteert und in einem hervorragenden Zustand – sogar in den Bergen! Lediglich 2 schlechtere Straßen mit bröckelndem Belag und einigen Schlaglöchern kamen uns unter, doch auch diese waren mit unserem Sprinter problemlos befahrbar. Die selbstgebauten Speedbumps bestanden aus dicken Seilen, die auf der Straße lagen, und die Autos in Ortschaften etwas bremsen sollten – überhaupt kein Problem wenn man sich an die angegebene Höchstgeschwindigkeit hielt. Und der Verkehr war nicht anders wie in den Ländern zuvor auch – bei weitem nicht so halsbrecherisch wie beispielsweise im Baltikum. Auch was das Thema „Armut“ angeht können wir keinen Unterschied zu den vorherigen Ländern feststellen. Die Menschen sind ordentlich gekleidet, die Häuser zu 90% groß und schön, meistens sogar Neubauten. Wir sahen moderne Firmengebäude und die vielen Restaurants und Bars waren gut besucht. Natürlich sah man hier und da mal eine Eselskarre, ab und an führte ein Hirte seine Schafe über die Straße und in Shkodra (aber auch nur da) sahen wir einige Roma betteln. Doch das war in den Ländern zuvor nicht anders (und kann einem ehrlich gesagt auch auf deutschem Lande passieren). Die Menschen im Osten haben einfach eine andere Lebenseinstellung als wir in Deutschland; dass der Mercedes schon 10 Jahre alt ist, der Gürtel nicht wirklich ein Original „Gucci“ oder der Bezug am Sofa gerissen ist stört sie einfach nicht – dass macht sie aber noch lange nicht „arm“. Wenn wir dann erzählten, dass eine 40-50 Stunden Arbeitswoche in Deutschland ganz normal ist und wir nicht jeden Morgen erstmal 3 Stunden in der Bar sitzen, Espresso trinken und ein Päckchen Marlboro rauchen weil wir dafür keine Zeit haben – dann waren es wir, die bemitleidenswert angeschaut wurden. Andere Länder, andere Sitten – aber der prophezeite Kulturschock blieb bei uns aus. Große Probleme im Land stellen weiterhin die Themen Straßenhunde, Abwassersysteme und Müllentsorgung dar. Ob es in Albanien nun schlimmer war als in den anderen Balkan-Staaten können wir garnicht genau sagen, wir denken es gibt sich nicht viel. Überall lag Schrott und Abfall herum, nirgends durfte man gebrauchtes Toilettenpapier ins Klo werfen, sondern musste es in Tüten entsorgen, überall streunerten abgemagerte und verletzte Hunde umher, täglich sahen wir tote Hunde am Straßenrand liegen – es zerriss einem das Herz L. Und auch in Albanien waren die eigentlich schönen Strände nicht besonders gut gepflegt. Camping dagegen war überhaupt kein Problem – von einfachen Camps bis hin zum schicken Resort-Camp findet sich alles und das zu einem günstigen Preis, auch Freistehen ist vielerorts kein Problem. Unsere erste Station im Land war die Stadt Shkodra, wo wir auf dem zentralen Camp Legjenda ein superschönes Lager mit Restaurant und Swimmingpool hatten. Die Stadt Shokdra selbst ist eine der ältesten Städte Europas und gefiel uns total gut! Überall gab es Gehwege (!), einladende Restaurants und Bars, Geschäfte und Supermärkte, sogar eine Fußgängerzone in der Rr. Kole Idromeno. Was uns gleich auffiel waren die vielen Werbeschilder für die Visa-Lotterie in die USA oder die EU – Albanien gilt als ein echtes Auswanderer-Land, es leben derzeit weit mehr Albaner außerhalb ihres Landes als in Albanien selbst. Auch der kurze Aufstieg zur Burg Rozafa hat sich gelohnt, von hier aus hatten wir einen weiten Blick über die Stadt, den Fluss Buna und den Skadar-See. Die gut erhaltenen Ruinen gehen bis auf das 4. Jhrdt. v.Chr. zurück! Die albanischen Alpen waren unser nächstes Ziel, nach einem kurzen Abstecher in das Bergdorf Razma, vorbei an der Mesi-Brücke aus der Türken-Zeit mit ihren 12 Rundbögen, ging es weiter in Richtung des Koman-Sees. Auf einem einfachen Camp mit hunderten Enten bekamen wir wieder einmal einen ganzen Sack leckerer Granatäpfel geschenkt, in der angeschlossenen Gaststätte wurden wir bekocht, während mitten im Raum Schnaps gebrannt wurde. Essen gingen wir übrigens recht häufig, da es im ganzen Land immer wieder frische Forellen gab – vorallem Zoé fand großen Gefallen daran und verputze einen kompletten Fisch alleine J. Die Überfahrt mit der Fähre von Koman nach Fierzë gilt als eines der Highlights im Land und hat auch uns super gefallen, die Landschaft war total schön, alles hat prima geklappt und der Preis ist mit 5€ one-way pP absolut kein Vergleich zur teuren montenegrinischen Bootsfahrt auf dem Skadar-See…

Aufgrund des super Wetters skippten wir spontan die Großstädte Durrës und Tirana und fuhren auf einen Campingplatz direkt am Meer. Die Anlage an sich war sehr schön, wir standen wirklich direkt am Strand, Zoé spielte den ganzen Tag bei phantastischem Wetter draußen, wir lernten die kleine Livia mit ihren Eltern kennen, gingen abends wieder leckeren Fisch essen und hatten unvergessliche Sonnenuntergänge – alles in allem also super Tage. Das Camp Pa Emer können wir trotzdem nicht weiterempfehlen – die Wasserqualität war so schlecht, dass man nicht einmal duschen konnte (es war gelb und ölig) und der Preis für die hiesigen Verhältnisse viel zu hoch. Roland & Cori aus dem Taubertal versorgten uns dann noch mit einigen Albanien-Tipps und wir reisten weiter nach Berat, eine UNESCO-Welterbe-Stadt, die auch als „Stadt der tausend Fenster“ bekannt ist. Der Grund hierfür sind die historischen weißen Häuser der Altstadt, die den Hang hinab gebaut wurden, wodurch man praktisch von allen dunklen Fenstern angeguckt wird – wirklich schön! Eine Burganlage mit einem bewohnten Innenhof sowie eine Fußgängerzone mit Eiscafés am Fluss Osum rundeten das Stadtbild ab. Und für uns gab es neben tollen Spielplätzen sogar ein kleines Camp mitten im Zentrum mit frei hoppelnden Häschen, Schildkröten und einer Baby-Katze J.

Die Küste etwas weiter südlich in der Region Vlorë hat uns leider nicht so gut gefallen, Vlorë selbst hatte so garnichts mit dem restlichen Land gemeinsam - eine glitzernde Touristen-Stadt mit Hotelanlagen, Strandpromenaden und Co., wie man sie auch in Florida finden könnte. Über den Llogarat-Pass im gleichnamigen Nationalpark fuhren wir dann weiter Richtung Süden, den schönen Blick von den 1.000m hoch gelegenen Serpentinen-Straßen aus bis hinüber auf Korfu genossen wir aufgrund des kalten Windes draußen nur vom Fenster aus. Auch an der albanischen Adria mit ihren kleinen Badeorten machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung, im Hinterland fanden wir jedoch einen wunderschönen Freisteh-Platz zwischen Olivenbäumen, wo wir am Abend auch mal wieder ein Lagerfeuer machen konnten. Das Ksamil Caravan Camp stellte sich wieder einmal als wunderschönes kleines Familien-Camp heraus, wo wir mehrere schöne Tage verbrachten, abends mit den Besitzern Linda und Alex zusammen saßen, Zoé mit Tochter Anna spielte und wir auch einen halben Regentag gemütlich aussitzen konnten. Wir bekamen schon wieder tütenweise Obst und selbstgemachtes Olivenöl geschenkt, wurden mit Eiscafé und Trinkschokolade begrüßt – einfach eine weitere tolle Erfahrung! Und auch das Örtchen selbst mit seinen kleinen Stränden und der langen Spaziermeile am Meer ist durchaus einen Besuch wert. Die UNESCO-Welterbe-Ausgrabungsstätte Butrint stand als nächstes auf unserem Sightseeing-Programm. Der Sage nach floh Helenos einst aus dem brennenden Troja, wollte einen Stier opfern, der ihm jedoch entkam, durch die Lagune flüchtete und am anderen Ende zusammenbrach – an dieser Stelle wurde Butrint gegründet. Die sehenswerten Ruinen reichen bis zum 10. Jhrdt. v.Chr. zurück und liegen eingebettet in schöner Natur direkt am Butrint-See. Zurück im Inland besuchten wir die wasserreichste Karstquelle Albaniens, Syri i Kaltër, auch genannt „Blue Eye Spring“. Aus der knapp 50m tiefen Quelle sprudeln ca. 6.000l kristallklares Wasser pro Sekunde – wirklich beeindruckend. Auf dem Parkplatz gab es bis vor kurzem noch einen Imbiss und mehrere Souvenir-Shops – doch diese wurden alle dem Erdboden gleich gemacht. Wir hatten einige Tage zuvor schon gehört, dass es Probleme mit der Mafia gegeben haben soll und genauso sah es auch aus – als wäre jemand mit dem Bagger hindurch gefahren und hat alles liegen gelassen – wirklich schlimm! Da wir bislang immer gute Erfahrungen damit gemacht haben wollten wir uns auch die letzte UNESCO-Welterbestätte im Land nicht entgehen lassen und fuhren weiter nach Gjirokaster. Ein kleiner Altstadtkern mit schmalen Gässchen, in welchen traditionelles Kunsthandwerk angeboten wurde lag unterhalb einer großen Burganlage, in welcher man noch die Kanonen aus dem Krieg Ali Pashas bestaunen konnte. In dem gut erhaltenen Gemäuer mit einem hübsch anzuschauenden Kirchturm gab es auch ein zurückgelassenes altes US-Militärflugzeug zu sehen. Zurück im Ort probierten wir die traditionelle Küche der hiesigen Region: frittierte Reisbällchen, Fleischstücke mit Käse, gegrillten Feta und Burek – alles sehr üppig und fettig. Über das nächste Örtchen Lazarat hatten wir schon haarsträubende Geschichten gehört, das www verriet uns Folgendes: Lazarat gilt als Cannabis-Anbau-Zentrum Albaniens, von 2004-2014 wurde der Ort von bewaffneten Drogenbanden kontrolliert und entzog sich vollständig der Polizeigewalt. Pro Jahr wurde hier Cannabis im Wert von 4,5 Milliarden Euro produziert! Nach einem größeren Militäreingriff werden derzeit nur noch kleinere Flächen bewirtschaftet, es geht jedoch weiterhin das Gerücht um, dass von allen einfahrenden Fahrzeugen das Kennzeichen gescannt wird und man sich bei der Ausreise aus dem Land an der Grenze auf einiges gefasst machen darf – das wollen wir nicht ausprobieren… Weit im Inland Albaniens, an der griechischen Grenze, fanden wir dann einen tollen Freisteh-Platz inmitten der Berge an warmen Thermalquellen. Wir teilten uns den Platz mit einigen weiteren Overlandern und gingen am nächsten Morgen inmitten des Canyons im glasklaren 25°C warmen Wasser baden – Zoé konnte garnicht genug davon bekommen. Das Eco Camp Farma Sortira war dann unsere letzte Station im Land, wir standen auf einer herbstlichen Wiese, es gab Hunde, Katzen, Enten, Pferde und große Forellen-Teiche – das Abendessen war somit auch gesichert J. Ein Frühstück auf der schönen Holzterrasse bestehend aus Kirschkompott, Brot, Schafskäse, Eiern und Butter war im Übernachtungspreis sogar inbegriffen, da ließen wir uns natürlich nicht lange Bitten J. Am Mittag setzten wir unsere Fahrt in Richtung Ohrid-See fort und kamen dabei an einer Beerdigung vorbei. Der Leichenwagen fuhr im Schneckentempo die Straße entlang, eine große Gruppe dunkel gekleideter Männer lief hinterher und ein laaaanger Stau auf beiden Spuren bildete sich – der Leichenwagen durfte nämlich weder überholt werden, noch durften die Fahrzeuge auf der entgegenkommenden Spur vorbei fahren. Wir mussten alle stehen bleiben und warten, bis der Sarg an uns vorüber war – erst dann durften wir fahren. Haben wir so auch noch nicht erlebt. Wenige Meter später erreichten wir die mazedonische Grenze und das Abenteuer Albanien, das garnicht so abenteuerlich war, endete J.

 

Fazit Albanien:

Albanien ähnelt in unseren Augen sehr den benachbarten Balkan-Staaten. Die Landschaft war schön, aber nicht besonders gut gepflegt. Die Menschen waren auffallend freundlich und hilfsbereit. Am Straßenrand konnte man überall das frischeste Obst und Gemüse kaufen, auch ansonsten war die Infrastruktur mit Tankstellen, Märkten und Camps gut ausgebaut, ebenso das Straßennetz. Das Bezahlen mit Kreditkarte war oftmals nicht möglich, es fanden sich jedoch flächendeckend Geldautomaten um sich die hiesige Währung Lek zu beschaffen. Der Umrechnungskurs lag zu unserer Besuchszeit etwa bei 1:126. Die großen Probleme Müllentsorgung, Straßenhunde und schlechte Abwassersysteme gibt es leider auch hier. Die ganzen anderen Horror-Geschichten, die wir zuvor über das Land gehört hatten, können wir wie gesagt nicht bestätigen. Schwer getan haben wir uns jedoch mit der Sprache, diese ist so gänzlich anders, dass wir nur selten etwas ableiten konnten. Das gern verwendete „Hvala“ für Danke beispielsweise war hier plötzlich ein „Faleminderit“. Unsere Highlights waren die Stadt Shkodra mit der Rozafa-Burg, die Fahrt auf dem Koman-See, die heißen Quellen im Inland und die UNESCO-Welterbestadt Berat. Ob wir unbedingt noch einmal Wiederkommen müssen wissen wir nicht, da wir das meiste gesehen haben. Einen Besuch in Albanien können wir jedoch jedem empfehlen.