Lettland (23.07.2018 – 29.07.2018)
Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen – wir finden, dass sich die drei baltischen Länder sehr wohl stark voneinander unterscheiden! Während sich Estland eher an Finnland orientierte und man in Litauen stark den polnischen Einfluss spürte, so versprühte Lettland wieder eine ganz andere Mentalität, vielleicht ein wenig russisch geprägt. Eins können wir jedoch ganz klar sagen: Lettland hat uns am allerbesten von den Dreien gefallen! Auch wenn uns die landestypische Küche in Estland besser geschmeckt hat und die Menschen in Lettland noch eine Spur unfreundlicher waren als weiter im Norden, so gab es hier einfach viel mehr spannende Dinge zu entdecken. Als erstes erkundeten wir die Ostküste des „Rigaischen Meerbusens“. Flaches Meer, breite Sandstrände zwischen Kiefernwäldern und unvergessliche Sonnenuntergänge zeichneten diese Region aus. Etwas weiter im Inland folgte dann der Gauja Nationalpark, das absolute Highlight des Landes, in welchem wir drei Tage verbrachten. In Cesis spazierten wir an den schönen alten Häusern der Altstadtgassen entlang, planschten ewig mit Zoé am Wasserspiel auf dem Rosenplatz, aßen fantastisch (und mega günstig) zu Mittag, bestaunten die St. Johannes und die orthodoxe Christi-Verklärungskirche, liefen am Siegesdenkmal, welches zu Ehren der lettischen Soldaten in den Freiheitskämpfen 1920 erbaut wurde, vorbei, schlenderten durch große Stadtparks und freuten uns über toll gestaltete Spielplätze. Ein Holzbohlenweg führte uns zu einem moosbewachsenen Sandsteinfelsen, an welchem wir mit Zoé Frösche beobachteten. Highlight war die Besichtigung der alten Kreuzritterburg, auf welcher wir mit Kerzen ausgestattet wurden um den dunklen Turm zu besichtigen – es kam fast schon mystische Stimmung auf. Eine wundervolle Stadt – mit ebenso schönen Picknick- und Übernachtungsplätzen am Ufer der Gauja. Der nächste Tag im Gauja Nationalpark war genauso schön: wir schauten uns die Wasserburg Âraiši an (die Nachbildung einer Siedlung der Lettgallen aus dem 9. Jahrhundert), eine alte steinerne Windmühle, die Ruinen der riesigen ehemaligen Papierfabrik Ligatne mit ihren unzähligen Schutzbunkern und den Zvârtes iezis, eine rote Sandsteinwand am Fluss Amata, mit einer schönen Hängebrücke, Wanderwegen und Picknickstellen. Im Wildtierpark Ligatne machten wir uns mit der hier heimischen Fauna vertraut, sahen Bären und Wildschweine, spazierten schöne Waldwege entlang, bestiegen einen Aussichtsturm und gönnten uns ein Eis. In Sigulda testeten wir am Abend ein „Kafejnica“, ein günstiges Selbstbedienungsrestaurant, die es im ganzen Land gab. Mit einem Tablett voll Fleisch, Soßen, Salat und Kartoffeln suchten wir uns ein schönes Plätzchen im schön begrünten Garten und ließen es uns schmecken. Die sogenannten „Gutmannshöhlen“ standen am nächsten Morgen auf dem Programm, wir kletterten über das Gelände mit den vielen kleinen Höhlen und erfrischten uns zwischendurch in einem Flüsschen. Am Nachmittag besichtigten wir die Gedenkstätte des ehemaligen NS-Arbeitslagers in Salaspils, wo besonders viele Kinder ums Leben kamen. Riesige Steinfiguren standen mahnend auf dem Gelände wo einst die Baracken standen, gespenstische Stille lag über dem Gelände, man hörte lediglich das Ticken eines Metronoms, der an den Herzschlag der Toten erinnerte. Von Außen zierte das Gebäude lediglich eine Strichliste, deren Anzahl die Tage des Leidens im Lager darstellte. Den Abend verbrachten wir auf dem Labirinti-Camp, ein toller Platz auf einem Bauernhof mit Spielwiese, Trampolinen, Go-Karts und Co. Die lettische Hauptstadt Riga war sehr schön, wenn auch nicht ganz so beeindruckend wie ihre Nachbar-Hauptstadt Tallinn. Wir schlenderten durch die Jugendstilbauten der UNESCO-Welterbe-Stadt, schauten uns das Schwarzhäupterhaus und viele hübsche Kirchen an, liefen zum Freiheitsboulevard mit passendem Denkmal und füllten unsere Vorräte im Zentralmarkt, einem der größten Markthallen-Ensembles Europas, auf. Highlight war für uns die Ausstellung der Buddy-Bären, ein aus Deutschland finanziertes Projekt für wohltätige Zwecke. Jedes Land der Welt durfte eine lebensgroße Bärenfigur gestalten, welche nun gemeinsam um den Globus touren – eine coole Sache. Insgesamt fanden wir die Stadt ganz nett, aber ziemlich teuer. Ein kleiner Mittagssnack kostete uns fast 30€, auch die Parkgebühren waren horrend. Zum Abendessen verließen wir die Stadt deshalb und hielten spontan am Straßenrand an einem Kafejnica in einem Holzblockhaus mit schöner Terrasse und Trampolinen im Garten. Für 3 leckere Hauptgänge und 5 Getränke zahlten wir keine 15€… Der Westteil des Landes wollte als nächstes erkundet werden. Schilder rühmten sich mit „dem längsten Strand Europas“ – man zählte einfach die gesamte Westküste des Landes dazu J. Wir ließen uns Zeit, steckten mal hier die Füße ins Meer und fütterten mal da die Enten. In Purciems wanderten wir über Treppen und Holzbohlen durch hohe Sanddünen, in Irbene sahen wir zwei rießige Radioteleskope, mit welchen zu Sowjet-Zeiten Spionage im großen Stil betrieben wurde. Heute dienen sie nur noch wissenschaftlichen Zwecken, die vielen leerstehenden Häuser der ehemaligen Mitarbeiter wirkten wie eine Geisterstadt. Durch den wilden Slítere Nationalpark ging es weiter bis Ventspils, wo Zoé viel Zeit auf einem unglaublich großen Abenteuerspielplatz verbrachte. Die Campingplatzsuche am Abend gestaltete sich unerwartet schwierig, nach 4 erfolglosen Versuchen (es gab nur Miethütten oder Zeltplätze) setzten wir uns noch einmal hinters Steuer und fuhren ins Landesinnere in die Stadt Kuldiga, welche wir am nächsten Tag erkundeten. Obwohl der Putz von den Fassaden bröckelte und auch die Kirchen schon deutlich bessere Zeiten erlebt hatten, versprühte das Örtchen einen unglaublichen Charme. Und dann gab es hier auch noch den breitesten Wasserfall Europas zu sehen, unter welchem wir sogar baden konnten (na gut, es war eher eine Stufe…). So schön es auch war - es kam, was früher oder später kommen musste: die Akkus waren leer, der Kopf voll. Es waren einfach zu viele Städte, Kirchen, Sehenswürdigkeiten und Länder in zu kurzer Zeit, wir brauchten eine kleine Pause. Und so ließen wir die Sandsteinhöhlen von Kuldiga links liegen und fuhren auf direktem Wege nach Litauen.
Fazit Lettland:
Wie bereits vorweg gegriffen – uns hat Lettland von den drei baltischen Staaten am besten gefallen. Breite schöne Sandstrände, flaches Meer, grandiose Sonnenuntergänge. Höhlen, Flüsse, Wasserfälle und Seen, Sanddünen und bezaubernde alte Städtchen. Burgruinen, Tierparks, alte Bunker und Denkmäler – das kleine Land war einfach super vielfältig und bot dem Besucher darüber hinaus eine sehr gute Infrastruktur. Das Preisniveau lag noch unter dem estnischen, Highlight war eine SIM-Karte mit endlos Datenvolumen für 2,50€ pro Woche. Die Menschen könnten etwas freundlicher sein, das Essen etwas weniger fettig, der Fahrstil ein wenig entspannter (schon in Estland wurden wir permanent waghalsig überholt, hier war es üblich bei einem Überholmanöver aus 2 Spuren einfach mal 3 zu machen…) – doch in der Summe hat uns das Land absolut überzeugt. So langsam sah man der Gegend auch an, dass wir unserem zu Hause näher kamen, die Häuser waren nun nicht mehr aus Holz wie in den vorherigen Ländern und die Friedhöfe hatten die bei uns üblichen Grabsteine, statt doppeltgekreuzten Kreuzen und Plastikblumen. Mal sehen ob es in Litauen so weitergehen würde.